Wie ich Amerikaner wurde (3/4)
Teil 3: Von der Green Card zum Pass
Nach zwei Jahren läuteten die Alarmglocken erneut, um den vorerst letzten Antrag stellen. Und zwar zum Erhalt der regulären Green Card, welche dann nicht mehr nur 2 sondern 10 Jahre gültig ist. Ich musste auf dem schriftlichen Weg belegen, dass wir immer noch glücklich verheiratet sind, ich unterdessen keine krummen Dinger gedreht habe und auf dem Weg zu einem gut integrierten Bürger bin.
Das Kuvert mit all meinen Beweisen wie Photos, Buchungsbelege von gemeinsamen Reisen, Hotelübernachtungen, Hausratsversicherung und unserem geteilten Amazon Prime Konto, kam zu meinem Schreck umgehend wieder zurück. Ich hatte blöderweise zuwenig einbezahlt. Also neuer Scheck mit korrektem Betrag beigelegt, alles neu verpackt und wieder weggeschickt.
Ein paar Monate später wurde der Antrag bewilligt und ich erhielt die Green Card automatisch zugestellt. Ab jetzt fragten die Grenzbeamten bei meiner Einreise auch nicht mehr nach meiner Frau, wenn ich alleine unterwegs war. Das war ihnen entweder nun egal, oder mein zuständiger Überwachungsbeamte hatte den Job gewechselt.
Mit der Green Card kann man hier dann auch sehr gut leben. Einzig abstimmen und als Geschworener an einem US-Gericht dienen darf mach nicht. Nach 10 Jahren stellt man ein Verlängerungsgesuch anhand eines Formulars (I-90) und wenn man nichts derbes auf dem Kerbholz hat, erhält man eine neue Karte für weitere 10 Jahre.
Wieso also den letzten Schritt gehen und sich einbürgern lassen?
Ein "Nachteil" der Green Card ist, dass man sie abgeben muss, wenn man länger als ein Jahr wieder ausserhalb der USA arbeitet und wohnt. Es gäbe zwar noch die Möglichkeit, die Abgabe mithilfe von Gesuchen hinauszuzögern, aber halt nicht auf ewig. Und bei meinem Lebenslauf, ist ein Wohnortswechsel sicher nicht ganz sooo abwegig. Möchte man dann wieder zurück in die USA, müsste man den ganzen Grüne-Karte-Prozess komplett wieder von vorne durchlaufen. Uff. Lieber nicht…
Also auf zum letzten Schritt und das hoffentlich letzte Gesuch in Sachen Auswanderung gestellt: Formular N-400 für die Einbürgerung. Dank meiner inzwischen angeeigneten Formular-ausfüllen-Expertise waren die benötigten Dokumente relativ rasch zum Versand bereit. Ein Aufgebot zur nochmaligen Erfassung von Fingerabdrücken und Foto in einem Feldbüro (field office) kam dann auch rasch ins Haus gesegelt und zeigte, dass der Einbürgerungsprozess erfolgreich angelaufen war.
Dort händigte man mir stolz ein Buch mit 100 Fragen und Antworten für die “Aufnahmeprüfung” aus. Mit gratis Audio-CD, betonte der Beamte. Dumm nur, dass mein altes MacBook Pro keine Tonträger im CD-Schacht mehr erkennt, wohl aus lauter Staub auf der Linse. Aber zum Glück gibt es heutzutage Allerwelts-Telefone für die Hosentasche und natürlich fand ich eine entsprechende App fürs Lernen unterwegs.
Die 100 Fragen sind aufgeteilt in die Themen Regierungssystem und Demokratie, Geographie, Nationalsymbole, Feiertage und Amerikanische Geschichte.
Hättest Du das Wissen zum Amerikaner?
Hier sind ein paar Fragen aus dem Test:
- Who lived in America before the Europeans arrived?
- Name one state that borders Canada.
- What is one right or freedom from the First Amendment?
- What does the President’s Cabinet do?
- Name one problem that led to the Civil War.
- The Federalist Papers supported the passage of the U.S. Constitution. Name one of the writers.
Easy-peasy, sag ich ja.
Aus den 100 Fragen, pickt der Einbürgerungsexperte zehn heraus und davon musst Du dann sechs korrekt beantworten. Dann gibt’s ein kleines Ein-Sätzchen-Diktat, damit Du Dein Schreibtalent beweisen kannst, und das mündliche Verständnis wird gleich anhand des Gesprächs beurteilt.
Dumm gelaufen ist nur, dass jedesmal wenn ich es mit einem Einbürgerungsbeamten zu tun bekam, dieser offensichtlich ebenfalls einen Immigrationshintergrund hatte. Alles kein Problem - bis auf die Sprache. Ich habe deren Englisch schlicht und einfach nicht verstanden, oder ömu nur sehr sehr schlecht. Hatte ich beim Green Card Interview noch meine Frau als “Übersetzer” dabei, sass ich dieses Mal alleine in der 2x2 Meter-als-Büro-getarnten-Schuhschachtel.
Doch mein nach jedem gesprochenem Satz erwidertes “Excuse me? Say again” oder “Could you repeat that, Sir?” schien dabei nicht sonderlich negativ aufzufallen und als mir der Beamte nach 10 Minuten Befragung die Hand reichte und ich so etwas zu verstehen glaubte wie “..ongatuleishon…”, dämmerte mir, dass ich wohl soeben den Aufnahmetest bestanden hatte.
Yay!!
Im letzten Teil 4 verrate ich Dir, wie die eigentlich Zeremonie im Einbürgerungsamt von Los Angeles ablief und wieso ich meine Einbürgerung um haarscharfe 2-Minuten beinahe verpasst hätte.
Danke fürs Lesen
René